Das Unternehmen Photo PorstDie Geschichte von Photo Porst ist nicht nur die faszinierende Geschichte eines deutschen Unternehmens, vom Aufbau und Blüte in der Zeit zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg, kompletter Zerstörung im zweiten Weltkrieg, Wiederaufbau und neue Blüte zu Zeiten des deutschen Wirtschaftswunders, bis hin zu sozialistischen Experimenten (das Unternehmen wurde komplett auf die Mitarbeiter übertragen), deren Scheitern und dem endgültigen Aus im Jahre 2002.
Die Geschichte von Photo Porst ist auch die Geschichte der deutschen Photo Industrie von den Anfängen zur Blüte der deutschen Photoindustrie, den ersten Preiskämpfen – zunächst mit Produkten aus Ostdeutschland (in Konkurrenz zu den russischen Produkten der Konkurrenz Photo Quelle), den ersten Kameras aus japanischer Produktion bis hin zu den letzten Zuckungen der deutschen Kameraindustrie.
Die Kataloge von Photo Porst sind eine lückenlose Dokumentation dieser Entwicklung. Industrie- und Wirtschaftsgeschichte auf 200 Seiten.
Und noch etwas ganz besonderes finden wir in der Geschichte von Photo Porst – die Entwicklung genialer Marketing Konzepte, die ihrer Zeit weit voraus waren (und trotzdem den Untergang des Unternehmens nicht verhindern konnten. Doch dazu in einem separaten Kapitel
Die AnfängeAm 1. Juli 1919 eröffnete der 23 jährige städtische Schreiber Hanns Porst in Nürnberg, gerade erst aus dem Krieg zurückgekehrt, einen kleinen Photoladen in seiner Heimatstadt Nürnberg. Die Liebe zur Photographie hatte er schon als Junge entdeckt: Der Untermieter seiner Eltern, selbst ein begeisterter Photoamateur führte Hanns Porst in die Geheimnisse der Photographie und der Dunkelkammer ein. Das als Zeitungsjunge verdiente Geld wurde in eine erste eigene Kamera investiert, und von da an war Hanns Porst, der 15jährige, als Photograph bei allen möglichen Veranstaltungen unterwegs, um sich sein Taschengeld – und eine immer bessere Kamera-Ausstattung zu verdienen. Porst – das Marketing GenieSchon bald nach der Eröffnung des ersten kleinen Ladens bewies Hanns Porst sein geniales Marketing-Geschick. Er hatte kein Geld für große Werbekampagnen – also ließ er eines Nachts den Bürgersteig vor seinem Laden in eine unkonventionelle Werbefläche umwandeln. Seine Freunde verzierten den Gehweg flächendeckend in GROSS-SCHRIFT mit dem Logo PHOTO PORST. Zwar sorgten die Ordnungshüter schnell dafür dass diese unerlaubte Werbung wieder verschwand, aber Photo Porst war in aller Munde.
Einen ähnlichen Schachzug lieferte Hanns Porst 1925 bei der Eröffnung seines dritten „großen“ Geschäfts „mit 11 Schaufenstern“ am Lorenzerplatz. Leider war dieses neue Geschäftslokal etwas abgelegen und zog deshalb nicht allzu viele Schaufensterbummler an. Dies änderte sich schnell, als Porst anfing das Gebäude des Nachts hell zu erleuchten (in einer ansonsten ziemlich dunklen Stadt) strömten viele Nachtschwärmer in den Schein dieser Beleuchtung, sahen die Ausstellungsstücke in den Schaufenstern, und so mancher wurde zum treuen Kunden. Kundenorientierung – das oberste PrinzipEine ausgesprochene Kundenorientierung – als oberstes Grundprinzip des Unternehmens – war der Schlüssel des Erfolgs des Unternehmens Photo Porst. Hanns Porst hatte sehr früh erkannt, dass zufriedene Kunden immer wieder kehren, und durch Mund zu Mund Propaganda weitere Kunden ins Haus bringen. Die Kataloge von Porst strotzen nur so von sog. Testimonials, d.h. abgedruckten Zuschriften zufriedener Kunden. Am besten wird dies durch die „Leitsätze zur Kundenbetreuung“ erkenntlich – klicken Sie hier! Versandhandel – ein Missgeschick – und das größte Photohaus der WeltErst der Einstieg in den Versandhandel schuf die Voraussetzung für das weitere Wachstum von Photo Porst. Angefangen hatte das ganze wohl eher mit einem Missgeschick! Um das Jahr 1925 hatte er sich mit dem Einkauf einer größeren Menge hochwertiger Plattenkameras etwas vergaloppiert: Die Kameras verkauften sich nicht schnell genug, er drohte, darauf sitzen zu bleiben. So bot er diese Kameras – mit einem großzügigen Teilzahlungsmodell (1/10 Anzahlung, Rest in bequemen Monatsraten) auch außerhalb Nürnbergs an – und stieß auf sehr große Resonanz. Ab da wurde der Versandhandel systematisiert und ermöglichte das rasante Wachstum des Unternehmens. Katalog und breites Sortiment – der Schlüssel zum ErfolgDas breite Sortiment des Unternehmens, Kameras aller Preislagen, ein komplettes Zusatzsortiment, und günstige Preise (ermöglicht durch die großen Mengen) waren die Grundlage für den Erfolg des Hauses Porst. Man denke an die damalige Zeit – Fotofachgeschäfte waren klein und sicher nur in größeren Städten vorhanden, das in den Läden ausgestellte Angebot sehr begrenzt, und Kameras und Zubehör mussten aus den Herstellerschriften ausgewählt und bestellt werden. Da war das riesige Angebot des Porst Katalogs mit seinen vielen Abbildungen, das in Ruhe im heimischen Wohnzimmer studiert werden konnte, die deutlich bessere Alternative..
Porsts Kommunikations-Konzept, bestehend aus dem berühmten Porst Photohelfer (Katalog), Büchern, Gelegenheitslisten, einer Kundenzeitschrift und vielem mehr, führten zu einer beispielslosen Kundenbindung, deutlich enger und besser als bei so manchem konventionellen Ladengeschäft.. Viele Zitate aus Zuschriften zufriedener Kunden finden wir in den Katalogen.
Mehr über den Porst Photohelfer, den genialen Katalog von Photo Porst, der wegen seiner detaillierten Informationen heute ein wichtiges Nachschlagewerk für den Photographica Sammler darstellt, finden Sie hier.
Ein kleines Drittel Anzahlung – der Rest in 6 bequemen MonatsratenDas großzügige Teilzahlungsmodell von Photo Porst (die genauen Details variierten) – ohne Kreditprüfung und Rückfrage bei Bank oder Arbeitgeber – kam dem Porst Publikum sehr entgegen. Die Blütezeit von Photo Porst war die Zeit der Wirtschaftswunder, des Wirtschaftswunders nach dem zweiten Weltkrieg, aber auch die Zeit des Aufbaus zwischen den Weltkriegen. Die Menschen wollten sich „Luxusgüter“ kaufen, aber konnten sich nicht leisten, bar für ihre neue Kamera zu bezahlen. Aber das sollten Nachbarn, Freunde und Kollegen natürlich nicht wissen. Und da waren die anonymen und "großzügigen" Kreditbedingungen von Photo Porst natürlich sehr willkommen. – Ganz so grosszügig waren die Konditionen aber auch wieder nicht: Immerhin 1% Zinsen pro Monat wurden berechnet – aber so genau wurde damals wohl nicht nachgerechnet! – Und nach Angaben von Hannsheinz Porst nahmen nahezu 100% aller Käufer das Finanzierungsangebot an und kauften auf Raten.
Krise 1964 – die Porst Ladenkette – eine neue ChanceUm 1964 brachen die Umsätze ein: Ladengeschäfte boten mittlerweile ein adäquates Sortiment an, und anonyme Teilzahlungsangebote waren(und noch dazu deutlich günstiger) auch von anderen Anbietern zu haben. Der neue Wettbewerber Foto Quelle war zum mächtigen Konkurrenten geworden. Die deutsche Kameraindustrie verlor massiv an Bedeutung, Billig Angebote aus der DDR und der UDSSR (vor allem bei Foto Quelle) konnten den Siegeszug der japanischen Importe nicht aufhalten und erforderten eine Umorientierung auch bei Photo Porst.
In dieser Zeit traf Porst eine richtige Entscheidung, die den Erfolg des Unternehmens für weitere nahezu 20 Jahre sicherte. Mit Hochdruck wurde eine Kette von Ladengeschäften – in späteren Jahre ergänzt durch Franchise-Partner – in guten City-Lagen aus dem Boden gestampft. Und das alte Rezept „hervorragender Service und Kundenfreundlichkeit führten erneut zum Erfolg. Hannsheinz Porst – Unternehmer, Spion und Sozialist?Von Anfang an spielten seine Mitarbeiter (neben seinen Kunden natürlich) die wichtigste Rolle für Hanns Porst. Mit vorbildlichen Sozialleistungen wie großzügigen Urlaubsregelungen , firmeneigenen Ferienheimen, dem Bau moderner Mitarbeiterwohnungen, Fortbildungseinrichtungen usw. war Hanns Porst wie in so vielem auch hier seiner Zeit voraus. Bei seinem Sohn Hansheinz, der 1960 die Unternehmensleitung übernahm, gingen diese Gedanken offenbar noch weiter. Er war hin und her gerissen zwischen den Gegenpolen von Kapitalismus und dem Sozialismus der DDR (die er von Einkaufsreisen her gut kannte). Hannsheinz Porst versuchte auf seine Art zwischen BRD und der DDR zu vermitteln – er war nicht nur im Westen politisch tätig, sondern insgeheim auch Mitglied der SED und spionierte für die STASI. Im Juli 1969 wurde Hannsheinz Porst wegen verräterischer Beziehungen zu 2 Jahren und 9 Monaten Haft und einer Geldstrafe von DM 10000 verurteilt Das sozialistische Experiment – der Anfang vom Ende
Auch im eigenen Unternehmen versuchte Hannsheinz Porst, diese Gedanken umzusetzen. 1972 führt Photo Porst die „totale Mitbestimmung“ ein. Eine Mitarbeitergesellschaft wird gegründet, das Unternehmen und dessen Leitung an die Mitarbeiter übergeben, und Hannsheinz Porst zieht sich 1978/79 komplett aus der Unternehmensleitung zurück. Ab jetzt werden die Manager des Unternehmens von den Mitarbeitern bestimmt und auch wieder abgewählt, ein Gedanke der zumindest vielen von uns heute ziemlich absurd vorkommt (obwohl es immer noch Menschen unter uns geben soll die so etwas vielleicht für erstrebenswert halten). Lesen Sie hier einige Details – aus dem Katalog von 1976.
Das Experiment ging auch nicht lange gut. 1982 scheitert die Mitarbeiter-Gesellschaft, Hannsheinz Porst steigt wieder ins Unternehmen ein, die Schweizer Firma Interdiscount übernimmt die Mehrheit der Firmenanteile, aber das Unternehmen erholt sich nie mehr von den sozialistischen Experimenten. 2002 – Das EndeObwohl die Entwicklung der Ladenkette und Franchise Partner weiter zügig vorangetrieben wird kommt das Unternehmen nicht mehr auf die Beine. Der Umbruch im Photo-Markt ist zu gewaltig, die zu Zeiten der Mitabeitergesellschaft angerichteten Schäden waren zu gravierend. Auch die Sonderkonjunktur der deutschen Wiedervereinigung und die zusätzlichen Märkte im ehemaligen Ostblock können das Ende nur aufschieben, aber nicht aufhalten. Nach mehreren Änderungen der Gesellschaftsform und Eigentümer-Wechseln meldet die PHOTO PORST AG im Jahr 2002 Insolvenz an. Die Namensrechte gehen an die RINGFOTO Gruppe, Kodak übernimmt die Rechte für das Bildgeschäft.
83 Jahre nach seiner Gründung ist DAS GRÖSSTE PHOTOHAUS DER WELT am Ende. Die Zeit der Photo-Versandhäuser ist endgültig vorbei (auch den Gegner Foto Quelle gibt es schon lange nicht mehr in dieser Form) Aber Photo Porst hat es immerhin noch geschafft, die einst so glorreiche deutsche Fotoindustrie um Jahrzehnte zu überleben.
Mehr Details finden Sie hier in der Chronik von Photo Porst
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Hauptgeschäft 1934/35 1934/1935 DER SPIEGEL über Photo Porst – Ende der 50er Jahre Die Porst Kataloge – Katalog, Fachbuch, und heute ein wichtiges Nachschlagewerk für Sammler aus dem Porst Photohelfer 1934/35 Ein Photo Porst Ladengeschäft – ca 1976 1976 – 800 x in Deutschland zum Schluss (2002) waren es über 2000 Hanns und Hannsheinz Porst als die Welt noch in Ordnung war |